Fan-Kultur

15. Juni 2018
Und die besten Fans hat...?

Seien wir mal ehrlich, wer hat sich im Leben nicht mindestens einmal gewünscht, jemandem so richtig die Meinung zu geigen? Sich den Alltagsfrust von der Seele zu schreien, oder einfach mal lauthals und unflätig aus den Zwängen unserer Gesellschaft auszubrechen? Das ganze natürlich ohne Angst einer sofortigen Freistellung vom Job, oder einem Gerichtstermin wegen übler Nachrede oder Ehrverletzung.  

 

Wer den Chorgesängen der Fans von den prominentesten Teamsportarten in den Stadien und Arenen der verschiedensten Ligen lauscht, stellt bereits vor den Spielen fest, dass aus gewissen Fankreisen sämtliche Schiris und natürlich auch die gegnerischen Spieler lauthals als völlige Trottel abgekanzelt werden. Schlimme Schimpfwörter und grässliche Hasstiraden sind da an der Tagesordnung. Die meisten dieser «Lauthalse» kennen aber oft nicht mal die Namen der ach so verhassten gegnerischen Spieler und schon gar nicht der diensthabenden Schiris. Man getraut sich in der grossen und lauten Menschenmenge zu sagen/schreien, was nach eigener Ansicht Sache ist. Im Wissen darum, dass man als «Einzelschreier» gar nicht wahrgenommen oder von Gleichgesinnten umgeben ist, traut sich so mancher Fan Dialoge zu, welche nicht wirklich öffentlichkeitstauglich sind.

 

Wie sieht es aber um das persönliche Outing aus, wenn nicht X- tausend Menschen gleichzeitig schreien, sondern nur ein paar hundert oder bloss einer? Jetzt kommt Ihr, liebe Unihockey- und ULA Fans ins Spiel. Ihr habt mit den oben Genannten erwiesenermassen nichts gemeinsam. Bei ULA werden pro Heimspiel der 1. Mannschaft im Durchschnitt 200-300 Zuschauer begrüsst (mängisch dörfts scho es bitzeli meh si). Diese gelten traditionell als eher zurückhaltend und fair. Man trifft sich in der Halle, kennt einander und freut sich auf ein tolles Spiel. Es wird eifrig spekuliert, diskutiert und prognostiziert was das Zeug hält. Trotz grosser Anspannung und Nervosität kommt niemand auch nur im Entferntesten auf die Idee von feindseligen Hasstiraden, pyrotechnischem Leucht- und Knallzeug oder gar die Halle auseinanderreissen zu wollen. Wozu auch, schliesslich sind die Langenthaler und Aarwangener Sportstätten friedliche Orte und keine Kriegsgebiete. Hier werden Siege und Niederlagen in sportlicher und respektvoller Art entschieden und auch akzeptiert. Selbst dann, wenn Schiri, Trainer und Spieler nicht das entscheiden oder herausspielen, was man sich vorstellt oder wünscht. Dieser Respekt ist für alle Unihockey-Fans logisch und wird aktiv gelebt.

 

Zugegeben, ab und zu braucht trotzdem jeder noch so friedfertige Fan ein Ventil, um Überdruck abzulassen. Da empfiehlt es sich, sich auf einen Berg zu quälen. Ob den Anstrengungen kann man nämlich wunderbar lästern oder fluchen, ohne dass es jemanden stören könnte. Die weniger sportlichen machen einen Spaziergang in den Wald, um dort das Ventil zu öffnen, seinen ganzen Frust hinauszuschreien oder dem Chef in Form einer ausgewachsenen Buche eine Ohrfeige zu verpassen. Fauna und Flora werden Sie nicht verraten, und mögliche unsanfte Worte werden im Winde verwehen.   

 

Nach einer grossartigen und friedlichen Eishockey-WM startet nun die Fussball-WM mit Schweizer Beteiligung. Lasst uns in der aktuell (fast) unihockeyfreien Zeit alle mitfiebern und gemeinsam fröhlich mit den Fussball-Fans feiern. Alle Unihockeyaner dürfen mit ihrer äusserst friedfertigen Fankultur als gutes Beispiel vorangehen und darauf hoffen, möglichst viele Nachahmer in den Public Viewings zu finden.

 

In diesem Sinne:   Hopp Schwiz!

 

Andreas Lanz